Märchen werden eigentlich immer als Lügengeschichten oder erfundene Geschichten dargestellt. Allein der Ausspruch „Erzähl mir keine Märchen!“, der so viel bedeutet wie: „Lüg mich nicht an!“, verdeutlicht, dass den Märchen sämtlicher Wahrheitsgehalt abgesprochen wird. Doch ist dies tatsächlich so? Wie sind sie dann entstanden? Sind sie tatsächlich reine Erfindung oder steckt in ihnen trotz allem ein Fünkchen Wahrheit?
Wir können wohl getrost davon ausgehen, dass es kein Lebkuchenhaus gibt, keinen Goldesel und auch keinen Wolf, der sich in ein Bett legen und sich als Großmutter des kleinen Rotkäppchens ausgeben wird – weder heute noch zu der Zeit, als diese Märchen entstanden. Zur Entstehung von Märchen hat mit Sicherheit ein gewisser Aberglaube beigetragen sowie Ereignisse, die sich die Menschen nicht erklären konnten und somit eine übernatürliche Erklärung dafür suchten. Trolle beispielsweise, die Fabelwesen aus Skandinavien, sind möglicherweise dadurch entstanden, dass die Vulkanformationen auf Island bei Nebel als bizarre, lebhafte Formen erscheinen, und man sich bei Nebel auch leicht verlaufen kann. Fast alle Volksstämme haben ihre eigenen Märchen. Ägypter, Juden, Griechen und Römer, alle hatten ihre Mythen und Geschichten, die Wahrheiten und Lebensweisheiten enthielten und die durch Erzählungen weitergegeben wurden.
Früher waren die Märchen eher für Erwachsene gedacht, aus Mangel an anderer Unterhaltung. Oftmals wurden sie von Barden oder von den Ältesten der Kommune erzählt. Hierin sollte deutlich werden, wie man sich in gewissen Situationen zu verhalten hat. Die Moral der Geschichten war, dass am Ende immer das Gute über das Böse siegt. Später wurden die Märchen dann „verniedlicht“ und für Kinder aufbereitet. Die prinzipielle Idee dahinter blieb jedoch bestehen.